Streit um Auslegung des EU-Mobilitätspakets
Das EU-Gesetzespaket für den Straßengüterverkehr sorgt auch über zwei Jahre nach seiner Verabschiedung weiter für Streit. Einige Europaabgeordnete meinen, die EU-Kommission setzt die Richtlinie über die Entsendung von Lkw-Fahrern nicht richtig durch und öffnet durch ihre Auslegung Hintertüren für Sozialdumping. Karima Delli (Grüne), die Vorsitzende des EP-Verkehrsausschusses, Katerina Konecna (Linke) und Ismail Ertug (SPD) haben deshalb einen Beschwerdebrief an EU-Verkehrskommissarin Adina Valean geschrieben, den die DVZ einsehen konnte. Die von der Kommission im Internet publizierten Erläuterungen zur Anwendung der Entsenderichtlinie gäben den Akteuren „falsche Hinweise zur Einhaltung der überarbeiteten Gesetzgebung“, kritisieren die Abgeordneten. Sie erwarten eine Klarstellung von der Kommission.
Unterschiedliche Definitionen in der Kritik
Die Abgeordneten stören sich daran, dass die Kommission in ihren Erläuterungen schreibt, ein Lkw-Fahrer sei dann entsendet – und müsse nach den Vorschriften des Aufenthaltslands bezahlt werden – wenn er in einem anderen EU-Staat bestimmte Warentransporte durchführt als dem, in dem sein Arbeitgeber „seine Niederlassung hat“. Im Richtlinientext heiße es dagegen, ein Fahrer sei entsandt, wenn er vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat arbeitet als dort, „wo er normalerweise arbeitet“.
Nach Ansicht der europäischen Transportarbeitergewerkschaft ETF kann das praktische Folgen für die Vergütung haben. Beispiel: Ein Fahrer eines in Warschau niedergelassenen Unternehmens bringt seinen Lkw leer nach Berlin, lädt dort Waren, die er in Brüssel entlädt. Anschließend kehrt er leer nach Warschau zurück. Laut Erläuterungen der Kommission gilt der Fahrer auf der Hinfahrt in Deutschland und in Belgien als entsendet, bei der Leerfahrt durch Deutschland zurück nach Polen aber nicht. Nach Ansicht der Gewerkschaft könnte das anders aussehen, wenn man die Entsendedefinition aus dem Richtlinientext anwendet.